In Zeiten von Covid-19 ist das Thema Kurzarbeit aktueller als je zuvor.
Es gilt im Arbeitsrecht der Grundsatz, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalles zu tragen hat. Er muss also grundsätzlich trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers die Vergütung in voller Höhe weiterzahlen, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft persönlich angeboten hat (§ 615 BGB). Die Kurzarbeit durchbricht diesen Grundsatz. Die Anmeldung von Kurzarbeit bedeutet die vorübergehende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Betrieb aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. Die betroffenen Arbeitnehmer arbeiten also bei Kurzarbeit weniger oder aber überhaupt nicht.
Ob ein Arbeitgeber Kurzarbeit einführen darf und ob sich bei Kurzarbeit der Anspruch auf Arbeitsentgelt (Lohn, Gehalt) der Arbeitnehmer entsprechend verringert, richtet sich nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen.
Kurzarbeit mit der Folge des Wegfalls des Vergütungsanspruchs kann nicht einseitig im Rahmen des Direktionsrechts vom Arbeitgeber angeordnet werden. Die Anordnung von Kurzarbeit ist nur wirksam, wenn dies in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einer Individualvereinbarung (Arbeitsvertrag) vereinbart worden ist.
Wurde im Betrieb ein Betriebsrat gewählt, ist die Anordnung von Kurzarbeit darüber hinaus nur wirksam, wenn der Betriebsrat der Kurzarbeit zugestimmt hat (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Dazu reicht im Fall der Kurzarbeit keine formlose Regelungsabrede. Kurzarbeit kann wirksam nur in einer schriftlichen Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Nach der Rechtsprechung des BAG kann die vollständige Rücknahme einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit aber ohne Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erfolgen (BAG, Beschl. v. 21.11.1978 – 1 ABR 67/76).
Nach wohl herrschender Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte ist erforderlich, dass in einer Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit, die tatbestandlichen Vorgaben festgelegt werden, wie Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit, die Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer oder die Abteilung sowie die Zeiträume, in denen die Arbeit ganz ausfallen soll(Däubler/Kittner/Klebe/Wedde § 87 Rd .132).
Wurde die Kurzarbeit nach den genannten Kriterien nicht wirksam angeordnet, besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung anbietet, hat aber trotz des Arbeitsausfalls den vollen Vergütungsanspruch.
Der Arbeitgeber kann bei fehlender Vereinbarung nur versuchen, einvernehmlich mit den Arbeitnehmern eine Zusatzvereinbarung zur Kurzarbeit abzuschließen. Wird diese abgelehnt, bleibt nur der Ausspruch einer Änderungskündigung, gegen die sich in diesem Fall der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage wehren kann (ArbG Siegburg (11.11.2020) Aktenzeichen 4 Ca 1240/20).
Wichtig zu wissen, wenn schwerbehinderte Menschen beschäftigt werden:
Jede Kündigung eines Arbeitnehmers, die dieser gegenüber einem schwerbehinderten Beschäftigten aussprechen will, bedarf vorab der Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes. Dies gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen. Ist der Arbeitgeber also arbeitsrechtlich verpflichtet, zur Durchsetzung von Kurzarbeit eine Änderungskündigung auszusprechen, muss er für diesen Personenkreis vorab beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur Änderungskündigung beantragen. Bei seiner Entscheidung über den Zustimmungsantrag wird das Integrationsamt sicherlich berücksichtigen, dass die Einführung von Kurzarbeit gerade der Erhaltung der Arbeitsplätze dient.
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