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Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben in Deutschland einen besonderen Kündigungsschutz. Arbeitgeber müssen daher spezielle gesetzliche Vorgaben beachten, wenn sie ein Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Mitarbeiter beenden wollen. Dieser besondere Schutz dient dazu, die Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern und Benachteiligungen zu vermeiden.


1. Besonderer Kündigungsschutz nach SGB IX

Gemäß § 168 SGB IX darf ein schwerbehinderter Arbeitnehmer nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden. Dies gilt für ordentliche und außerordentliche Kündigungen gleichermaßen. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung unwirksam, was bedeutet, dass eine arbeitsrechtliche Klage des Mitarbeiters Erfolg hätte.

Der besondere Kündigungsschutz greift für Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 oder für gleichgestellte Arbeitnehmer mit einem GdB von mindestens 30, sofern sie von der Agentur für Arbeit gleichgestellt wurden.


2. Das Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt

Bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann, muss der Arbeitgeber einen Antrag auf Zustimmung beim zuständigen Integrationsamt stellen. Zuständig ist das Integrationsamt, in dessen Bezirk der Betriebssitz liegt.

Das Integrationsamt prüft insbesondere, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Die Kündigungsgründe können betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt sein. Das Amt nimmt in der Regel eine Interessenabwägung zwischen den Belangen des Arbeitgebers und des schwerbehinderten Mitarbeiters vor. Arbeitgeber sollten daher von Anfang an detaillierte und nachvollziehbare Informationen zum Kündigungsgrund liefern.


3. Fristen und Formalitäten für die Zustimmung

  • Ordentliche Kündigung:
    • Der Antrag auf Zustimmung muss schriftlich oder elektronisch (z. B. per E-Mail) eingereicht werden.
    • Das Integrationsamt soll innerhalb eines Monats entscheiden.
    • Erteilt das Amt die Zustimmung, muss die Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung ausgesprochen werden.
  • Außerordentliche Kündigung:
    • Der Antrag muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes gestellt werden. Es kommt hier auf die Kenntnis des Kündigungsberechtigten an.
    • Das Integrationsamt entscheidet innerhalb von zwei Wochen.
    • Erfolgt keine Entscheidung innerhalb dieser Frist, gilt die Zustimmung automatisch als erteilt (sog. Fiktion).
    • Die Kündigung muss dann unverzüglich ausgesprochen werden.

4. Alternativen zur Kündigung: Prävention und Eingliederung

Arbeitgeber sollten bei Auftreten von Schwierigkeiten am Arbeitsplatz immer prüfen, ob statt einer Kündigung alternative Lösungen möglich sind. Dazu gehören:

  • Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz,
  • Umgestaltung des Arbeitsplatzes (z. B. ergonomische Anpassungen),
  • Inanspruchnahme von Fördermaßnahmen durch das Integrationsamt oder die Agentur für Arbeit,
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), um die Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.

5. Rechtliche Beratung für Arbeitgeber

Fehler im Kündigungsprozess können gravierende Folgen haben. Eine frühzeitige rechtliche Beratung hilft, Risiken zu minimieren und die Erfolgsaussichten einer Kündigung realistisch einzuschätzen.

Unsere Kanzlei unterstützt Arbeitgeber bei:

  • der Antragstellung beim Integrationsamt,
  • der Kommunikation und Verhandlung mit den Behörden,
  • der rechtssicheren Durchführung des Kündigungsverfahrens.

Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung und lassen Sie sich von erfahrenen Rechtsanwälten unterstützen!


Häufige Fragen zum Kündigungsschutz schwerbehinderter Arbeitnehmer

Wann gilt der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer? Er gilt für Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 oder für gleichgestellte Personen mit einem GdB von mindestens 30.

Kann eine Kündigung auch ohne Zustimmung des Integrationsamtes wirksam sein? Nein. Ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist die Kündigung unwirksam.

Welche Alternativen zur Kündigung gibt es? Möglich sind Versetzungen, Arbeitsplatzanpassungen, Fördermaßnahmen und das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).

Was passiert, wenn das Integrationsamt nicht rechtzeitig entscheidet? Bei einer außerordentlichen Kündigung gilt die Zustimmung nach zwei Wochen automatisch als erteilt (Fiktion). Die Fiktion tritt auch dann ein, wenn wegen einer Betriebsstilllegung gekündigt werden soll und das Integrationsamt nicht innerhalb eines Monats entschieden hat.